Nutzen Lot und Töchter ein „juristisches Schlupfloch“?

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Vorweg sei gesagt:  Inzest ist nach dem Mosaischen Gesetz kein Bagatell und Kavaliersdelikt sondern BLUTSCHANDE!

Niemand darf sich die Frau seines Vaters zu Frau nehmen und die Bettdecke seines Vaters aufdecken. (Deut 23,1)

Noch deutlicher wird die Bibel im Buch Leviticus 20,9-21, in dessen Gesetzestexten nicht nur Ehebruch, alle möglichen Varianten von Sex mit Verwandten, einschließlich Tanten – teilweise mit Todesstrafen belegt werden – sondern auch männliche Homosexualität sowie die klassische Sodomie mit Tieren. Selbst der Verkehr mit der Schwiegertochter, der ja keine Inzesthandlung im engeren Sinne darstellt, wird mit dem Tode geahndet. Auch Sex während der Menstruation wird mit „Ausrottung aus der Mitte ihres Volkes“ beantwortet. Sie gilt als „Blutschande“! Eines von vielen Beispielen, wie Alltagstauglich die Bibel ist.

Das sind klare Ansagen, die trotzdem zwei augenfällige Lücken aufweisen: Im Levitcus ist nur der Sex zwischen einem Mann und seiner Schwiegertochter ein todeswürdiges Verbrecher – er wird wie Ehebruch angesehen –  von der leiblichen Tochter hingegen steht nichts in dem Text. Gänzlich straffrei gehen demnach auch die Töchter aus, die ihren Vater verführen. Nur die Söhne, die mit ihrer Mutter schlafen, bekommen zusammen mit der Sexpartnerin die volle Härte des Gesetzes zu spüren. Im oben zitierten Deuteronomium ist es zwar der Tochter verboten, die „Bettdecke des Vaters aufzudecken“; aber wo kein Kläger, ist auch kein Richter. In diesem Fall wird auch kein Strafmaß genannt. Die Sätze können auch als moralische Ermahnung verstanden werden. Ähnlich verhält es sich beim 18. Kapitel des Leviticus. Da heißt es zwar in der Einführung:

„Niemand darf irgendeinem Blutsverwandten sich nahen, um Verkehr zu pflegen.“ Aber in den nachfolgenden Geboten wird dann wiederum der Sex mit der eigenen Tochter geschickt ausgeklammert. „Mit der Tochter deines Sohnes oder mit der Tochter deiner Tochter darfst du nicht Verkehr pflegen“ heißt es da im Leviticus 18,10. Ebenso untersagt ist der Sex mit der Schwester.

Geht die Initiative vom Vater aus – was in den meisten Fällen passiert – greifen weder Deuteronomium noch Levitus. Der Griff unter die Bettdecke der Tochter ist demnach allerhöchstens ein Tabubruch, aber noch lange kein todeswürdiges Verbrechen.

(Auch im Kodex Hamurabi wird nur der Inzest zwischen Mutter und Sohn mit dem Tode bestraft. Selbst dann wenn die Mutter bereits Witwe ist)

Diese doppelte Moral Hormon geschwängerter Bronzezeitpatriarchen, die ihre maßgeschneiderten Gesetze stets zu ihrem eigenen Nutzen und Vorteil auslegen,   findet ihre unselige Fortsetzung im Sex mit Onkel und Tanten und ist daher kein juristisches Versehen, sondern spitzfindiges Kalkül.

 

„Wohnt einer seiner Tante bei, so hat er seines Onkels Blöße aufgedeckt. Ihre Sündenlast müssen sie tragen. Kinderlos sollen sie sterben.“ (Lev. 20,20).

Was passiert, wenn der Onkel mit der Tochter seines Bruders, also mit seiner Nichte, schläft? Nach Sex zwischen Vater und Tochter der zweithäufigste Fall von sexuellem Missbrauch. Auch hier greift kein biblisches Gesetz! Ein Beweis, dass er erlaubt ist und bei isoliert lebenden Familien durchaus praktiziert wurde. Erbbiologisch betrachtet ist der Unterschied zwischen Vater und Onkel gering.

Denn am Ende all dieser Gesetze und Ermahnungen folgt stets REGEL NR1. und die lautet:

Wandelt nicht in den Satzungen der Heidenvölker!… Ich bin der Herr euer Gott, der euch von den Völkern abgesondert hat. Dem gleichen didaktischen redaktionellen Muster folgt auch Deuteronomium. Nach besagter Ächtung der Blutschande folgt wieder die zitierte Regel Nr. 1, die eindeutig festlegen, wer „reinrassiger Jude“ ist oder Produkt einer verbotenen Liebe zwischen Hebräer und einer Götzendienerin:

„Kein MISCHLING darf in die Versammlung des Herrn kommen; selbst in der 10. Generation darf keiner seiner Nachkommen in die Versammlung des Herrn kommen.

 (Deut 23,3)

Einen Absatz zuvor werden die Eunuchen aus der Gemeinde verbannt. Ein besonders perfides Unterfangen, da sich wohl niemand freiwillig die Eier abschneidet. Paradebeispiel für die  doppelte und gleichzeitig einseitige Moral der gesamten mosaischen Gesetze.

Das Verlogene an diesem ganzen Konstrukt ist, dass neben den „Mischlingen“ inzwischen auch Völker verdammt und aussortiert werden, die mit den Israeliten gemeinsame Vorfahren haben und im gleichen Buch vierundzwanzig Seiten zuvor noch positiv dargestellt werden. Die Moabiter und Ammoniter, die Kinder Lots. (Deut. 2,9) Mittelpunkt unserer Inzestsaga. Da heißt es an gleicher Stelle:

„Kein Ammoniter oder Moabiter darf in die Versammlung de Herrn kommen, auch nicht im zehnten Geschlecht (ca. 500 Jahre später!) (Deut.23,4)   

Warum? Weil sie die Israeliten beim Auszug aus Ägypten nicht mit Wasser und Brot versorgt haben. Jahwe ist nachtragend. Dafür hat er wundersame Weise die Ägypter inzwischen rehabilitiert, die doch mit ihrer Knechtschaft den ganzen Schlamassel verursacht haben:

„..Einen  Ägypter sollst du nicht verabscheuen; denn du bist Gast gewesen in seinem Land. Kinder, die ihnen geboren werden dürfen vom dritten Glied an in die Gemeinde des Herren aufgenommen werden“ (Deut. 23,8-9)

Jahwe ist nachtragend und gleichzeitig vergesslich, so wie ein launischer, alter, teilweise verkalkter Patriarch, denn spätestens im Buch Rut, also nur 70 Seiten nach dem „Gesetzbuch“

wird Rut, eine Moabiterin Stammmutter des Hauses David!

Bemerkenswert ist, dass sexuelle Regeln und die damit verbundenen harten Sanktionen  stets mit Warnung vor „Blutsvermischung“ kombiniert werden. Was jedoch, wenn sich der Mensch zwischen „Aussterben oder  Sex mit Götzendienern“ oder „Aussterben oder Inzest“ entscheiden muss. Dass erinnert an die gemeine Fangfrage die man bei der „Gewissenprüfung“ als Kriegsdienstverweigerer gestellt bekam: Was machen Sie, wenn jemand ihre Mutter vergewaltigen will? Oder: Stellen sie sich vor, ein russischer Atombomber fliegt auf eine Stadt zu. Sie könnten den Abwurf verhindern, wenn sie eine Flag bedienen. Denen fehlt genau ein Mann, und das sind Sie! Töten, um den Tod tausender zu verhindern! An dieser Frage sind viele gescheitert und mussten in die zweite Runde oder eineinhalb Jahre zum Barras.

In gewisser Weise befinden sich auch Lot und seine Töchter in einer gewissen Notsituation. Die Familie droht auszusterben. Um das zu verhindern schlafen die Töchter mit ihrem Vater, nicht um sich sexuell mit ihm zu vergnügen. Anders als Ödipus, der ja seine Mutter aus Unwissenheit als Sexpartnerin begehrt. Sie aufrichtig liebt und mit ihr vier Kinder zeugt. Es geht hier nicht um Sex sondern um Erhalt einer Blutslinie. Laut mosaischem Gesetz hätten sie ihren Vater gar nicht betrunken machen brauchen. Dass sie es dennoch tun, und Lot bei diesem makaberen Samenraub nicht einmal Lust empfindet, ist ein geschickter redaktioneller Schachzug. Lot ist ein gottesfürchtiger, guter moralisch integerer Mensch. Er glaubt an die Engel, an göttliche Prophezeiungen. Er versucht seine Schwiegersöhne zu retten. Am Ende der Geschichte darf Lot sich nicht versündigen. Diese „Drecksarbeit“ überlässt Rabbi X den Frauen, die ja ohne hin die Sünde in die Welt gebracht haben. Lot ist der zweite Adam, der arglos seinen Wein schlürft, so wie sein Vorgänger arglos in den Apfel beißt, den ihm Eva reicht. Der Apfel hat im Wein seinen Nachfolger gefunden. Er ist die vergorene Paradiesfrucht. Er schafft einen paradiesischen Zustand, dem der Katzenjammer folgt. Wie Adam wird Lot verführt. Seine Töchter sind Evas im Doppelpack. Sie machen ihn betrunken. Er säuft also nicht selbst. Er wird betrunken gemacht. Man beachte den feinen Unterschied. Immerhin handelt es sich nicht um einen leichtsinnigen Teeny auf einer Abiturfeier, sondern um einen reifen Mann mit entsprechender Lebenserfahrung, der die Wirkung von Alkohol kennt.  Und in diesem Zustand vögelt er mit seinen Töchtern. Die ohne hin de jure kaum greifbare Schuld wird also nochmals durch eine „Rauschtat“ abgemildert. Er steht damit moralisch besser da wie Adam, der bei klarem Verstand war, als ihm Eva die Frucht reicht. Doch bleiben wir bei der „Rauschtat“.

Auch dazu hat unser bereits zitiertes Gesetzbuch Deuteronomium, das so nebenbei der viel geschmähten Sharia um nichts nachsteht, einen interessanten Paragraphen, der an Zynismus nicht mehr zu überbieten ist. Er befindet sich in der Kategorie „Jugendschutzgesetz“, das aber eigentlich ein „Elterschutzgesetz“ ist, das heißt die Eltern vor den leichtsinnigen Taten ihrer Kinder insbesondere Söhne schützt. Zitat:

„Hat jemand einen störrischen und widerspenstigen Sohn, der seines Vaters oder seiner Mutter Mahnungen nicht befolgen will und ihnen auch nach der Züchtigung nicht gehorcht, dann sollen ihn seine Eltern ergreifen und ihn vor die Stadtältesten zum Gerichtstor seines Ortes bringen. Da sollen sie zu den Ältesten seiner Stadt sagen: Unser Sohn ist störrisch und widerspenstig, auf unsere Mahnungen will er nicht hören, er ist leichtfertig und dem Trunk ergeben. Dann sollen alle Männer seiner Heimatstadt ihn zu Tode steinigen. So sollst du das Böse aus deiner Mitte wegschaffen. Ganz Israel soll es vernehmen und sich fürchten.        

(Deut. 21, 18-21)  

Fazit: Auf Jugendalkoholismus steht die Todesstrafe. Alte Patriarchen dürfen dagegen saufen, bis ihnen der Wein zu den Ohren rauskommt und sie selbst beim straffreien Sex mit ihren Töchtern keinerlei Lust empfinden. Auch unter diesem Aspekt betrachtet kommt Lot ungeschoren davon, und dank einer besonderen Spitzfindigkeit in doppelter Hinsicht, denn er betrinkt sich nicht, sondern wird von seinen Töchtern „betrunken gemacht“. Das gibt Freispruch. In doppelter Hinsicht. Kein Richter Israels kann ihn belangen. Er handelt korrekt nach mosaischen Gesetzen. Solange Kinder noch keinen eigenen Haustand haben sind sie den Eltern unterstellt oder besser gesagt auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Lots Töchter sind sozusagen Lots Eigentum. Er kann mit ihnen machen was er will. Erinnern wir uns an die vorherige Szene, als Lot, um den notgeilen Mob zu beruhigen seine Töchter einer Massenvergewaltigung Preis geben will und dies mit den Worten unterstreicht: „Tut mit ihnen, wie es euch gut dünkt!“ (Genesis 19,8)

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